Meine liebe Schwester Olivia bringt mir aus Italien ein Raumspray mit. Iiih. Mir rutschen augenblicklich und unbeabsichtigt die Augen Richtung Nase. Das limbische System – zuständig für Düfte – vergisst nämlich nicht. Es schickt mir die Duftampel, die am Rückspiegel in unserem Fiat hing, als wir nach Italien fuhren. Für meine vier Jahre konnte ich meine Kinder-Bolognese erstaunlich unangekündigt, erstaunlich schnell, erstaunlich leise und erstaunlich effektiv über die Schulter meiner Mutter auf ihren Schoß ...
Raumspray. Duftverschmutzung. WG-Kumpel Edes Socken. WC-Steine, Deos, parfümgetränkte Männerjeans, Holzstäbchen in Flakons, eine Kakaphonie an Duftnoten die einen Kloß im Hals, eine Ohnmacht oder einen Asthmaanfall hervorrufen. Sorry. Nein Danke!
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„Probier halt!“ Sagt Olivia. Ich zögere. Hadere. Tu es. Tauche meine Nase vorsichtig in einen zarten Sprühnebel des Energie-Raumsprays. Das limbische System vergisst nie: Kindsein. Wiesen. Heuschober. Zitronenhain, Lavendelfeld, Wald ... Ich entspanne augenblicklich. Mag Olivia. Bin zufrieden mit dem Dasein. Glücklich.
Unsere Nase hat einen direkten Draht zum Gefühlszentrum im Gehirn. Man riecht etwas – und im limbischen System im Gehirn wird abgeklärt, ob es sich um etwas Angenehmes oder Unangenehmes handelt. Ein Duft lässt uns sofort wonnig erschauern, uns gruseln, entspannen oder flüchten.
Ich flüchte nicht. Ich lese tiefenentspannt: „Das Energie-Raumspray erfrischt, konzentriert und harmonisiert mit alchemistischem Gold, spagyrischer Rezeptur nach Alexander von Bernus. Citronellaöl, Fichtennadelöl, Lavendelöl, Lemongrassöl, Origanumöl, Petitgrainöl, Rosmarinöl.“
Olivia grinst: „Macht Dich wieder munter, gell?“
Mein Hirn schwurbelt .... Alchemie, Zauberei. Ich lasse das Hundefutter anbrennen. Macht nichts – ich spray. Und unsere Küche riecht nicht mehr so arg nach verbranntem Pansen.
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Der Geruchssinn ist unser archaischster Sinn. Unsere cleveren Urahnen, die Einzeller, reagierten bereits auf chemische Signale. Bakterien bewegen sich heute noch auf einen Lockstoff zu und meiden einen Schreckstoff. So ist der Geruchssinn auch der Grund, warum wir da sind. Das Spermium des Vaters machte sich von Maiglöckchenduft angelockt auf den Weg zum Ziel. „Kann ich mir das auf den Hals sprühen?“
Olivia: Du musst es dir aufs Kopfkissen sprühen, dann kannst Du besser schlafen. Und wenn Du arbeitest, dann sprüh ein bisschen, wenn Du müde wirst, oder Dich konzentrieren musst. Und wenn irgendwo dicke Luft ist ...
Genau: Zauberei. Macht müde. Macht munter. Riecht gut. Und lässt Streit und schlechte Gerüche verschwinden. Â
Ich mach mich auf den Weg zur kleinen braunen Flasche „Energie-Raumspray“ und drück noch mal drauf. Mein limbisches System kramt in der Vergangenheit.
500 Millionen Jahre lang war der Geruchssinn der wichtigste Draht zur Welt. Düfte, die man mag, haben über die Seele und das zentrale Nervensystem die Kraft zu entspannen. So haben Forscher festgestellt: Lavendelduft beruhigt – und zwar auch Mäuse und Schweine, bei denen man die entspannenden Inhaltsstoffe des Lavendelduftes im Gehirn nachweisen konnte. Darum legte Oma ein Lavendelkissen unters Kopfkissen. Auch Hebammen wenden ätherische Öle an. Das lindert bei Schwangeren die Angst vor der Geburt. Und im Wartezimmer vom Zahnarzt duftet es nach Orangen: Herz und Hirn schalten um von der Eugenol-Angst auf Zitrushain-Entspannung.
Wolf kommt. Schimpft, weil ich das Hundefutter anbrennen habe lassen. Ich spray. Er lächelt.
Ja. So ein Duft kann zaubern. Ich hab‘ jetzt mein Fläschchen immer dabei – gegen dicke Luft und schlechtes Klima und für mich. Eines steht am Nachttisch, eines am Schreibtisch, eines in meinem Fitnessraum, eines in der Küche ... Im Anbrennenlassen war ich schon immer mehr als gut.
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Und hier gibt’s das Energy-Raumspray.