Liebe Glyxler, ein Meter Abstand rettet viele Leben14.März 2020 Ein kleiner Brief an Euch. Glaubt mir, ich würde lieber ein nettes Carpe-Diem-Thema schreiben. Nur, von pflück den Tag ist grad nicht so viel. Man macht sich halt Sorgen. Wer sich ein bisschen mit Statistiken spielen kann, der macht sich große Sorgen. Sehr große Sorgen. Warum gibt’s in der Physiotherapiepraxis weder Mundschutz noch Desinfektionsmittel. Warum stehen am Parkplatz die Leute mit den Köpfen so wahnsinnig eng zusammen und ratschen... Warum sagt jeder zweite „alles nur Panikmache“. Warum rollt mir die 17. Verschwörungstheorie die ... Von karmische Säuberung durch eine schwarze Macht. Über: Die Viren wurden ausgesetzt, um die Gesundheitsgefahren von G5 zu verschleiern. Die Russen..., der IS... Bis zu: Ein Wirtschaftskrimi, zu viele alte Menschen. Das sei aber erst der Vortest, der Ernstfall käme noch, dann wenn die Babyboomer alt sind... Himmel. Statt zwei Mal waschen sich die Allesnurpanikmachekopfindensandmenschen vielleicht drei Mal die Hände. Kaufen aber dann doch für den Notstand ein. Der wird kommen. Nur nicht im Lebensmittelladen. Ich bin gerührt, wenn ich sehe, wie die Italiener im ganzen Land auf ihren Balkonen stehen und die Nationalhymne singen. Oder, ebenfalls als Flashmop organisiert: Samstag, um 12 Uhr mittags applaudieren sie im ganzen Land, bedanken sich bei den Ärzten und Schwestern und Pflegern und Hilfskräften, die alles Menschenmögliche tun, um die Krise, die ihren Gipfel natürlich in den Krankenhäusern hat, irgendwie zu meistern. Ich weine, wenn ich höre, dass ein Arzt entscheiden muss, wen von den vielen Schwerkranken er mit dem Atemgerät am Leben erhält. Ich weine, wenn ich höre, dass eine Familie den toten Großvater tagelang im Haus behalten muss. Man weiß nicht mehr wo man all die Corona-Toten beerdigen soll. Der Unterricht findet in Italien per Skyp statt. Man darf nur noch in die Apotheke und in den Supermarkt gehen. Das wird streng kontrolliert. Ein Land unter Quarantäne. Man hatte einen Monat Zeit von den Chinesen zu lernen. Nur leider zu spät reagiert. Die Katastrophe ist da. Zu wenig Klinikbetten, zu wenig Sauerstoff-Geräte, zu wenig Schutzanzüge, zu wenig Personal... Die Chinesen helfen. Schicken Atemgeräte, Mediziner, Masken ... Die haben es in Wuhan richtig gemacht. Schnell gehandelt. Schnell dem Virus den Nährboden entzogen: die Nähe. Nur soziale Distanz rettet uns. Wenn einer hustet, steckt er uns in zwei Meter Entfernung gerade nicht mehr an. Die gefährlichen Tröpfchen fallen runter. Also: Abstand halten, mindestens einen Meter. Und da dieses Virus auch auf Oberflächen mehrere Tage – ich hab auch schon gelesen Wochen – überlebt gilt: desinfizieren, Handschuhe tragen, Händewaschen. Und natürlich in den Ärmel husten. Die Infektionszahlen explodieren. Wir müssen das Tempo in dem sich das SARS-CoV-2-Virus ausbreitet reduzieren. Das geht nur, wenn jeder mitmacht. Jetzt. Italien ist uns nur eine Woche voraus. Jeder Tag zählt. Soziale Distanz – so traurig das klingt – ist die einzige Möglichkeit unsere alten Menschen und schwache Menschen zu retten. Darunter fallen auch Kinder, mit Asthma, zu früh geborene, Kinder mit Immunproblemen... Und hier zu Lande wird immer noch abgewartet, statt von denen, die es falsch gemacht haben zu lernen. Heißt: Strenge Quarantäne für betroffene Gebiete. Menschen mit Symptomen bleiben zu Hause. Alle Kultur- und Bildungseinrichtungen bleiben geschlossen. Bars und Restaurants haben nur von 6 bis 18 h geöffnet. Jede kommerzielle Aktivität darf nur stattfinden, wenn man mindestens 1 Meter Abstand halten kann. Auch Läden müssen schließen. Nur Apotheken und Supermärkte sind geöffnet. Der Wirtschaftswissenschaftler Tomas Pueyo hat berechnet: Nur ein einziger Tag Warten sorgt dafür, dass die Todesrate um 40 Prozent steigt. Jeder muss handeln. Wenn wir jetzt nicht reagieren, wenn der Virus sich weiter so vermehrt wie in den letzten beiden Wochen, dann haben wir im April jeden Tag 50 000 bis 100 000 neu Infizierte. Das schafft kein Gesundheitssystem. Beispiel Spanische Grippe: Da hat man in Philadelphia die Gefahr herunter gespielt, ergriff keine Maßnahmen. Nach wenigen Tagen waren dort die Kliniken überfüllt, viele Menschen starben. Anders in St. Louis. Da schloss man sofort Schulen, Büchereien und Kirchen. Das bremste die Grippe aus. Also haltet Abstand – und stärkt Euer Immunsystem. Dazu komme ich noch. Anfang der Woche gibt es dann den richtigen langen Glyx-Letter. Eure Marion Grillparzer PS: Wer es immer noch nicht glaubt, liest den rasend interessanten Statistik-Artikel von Tomas Pueyo.
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