To retrieve heißt „wiederbringen”. Und das tut Timmi mit Leidenschaft. Kommt der Postbote, steckt er ihm die Briefe einfach ins Maul, sagt: „gscheiter Hund“, und Timmi bringt mir die Briefe.
Freilich hat er das nicht immer getan. Anfangs hat er die Briefe in Einzelteile zerlegt, was nicht so lustig war.
Aber irgendwann hat er es dann kapiert, dass man das, was man im Maul hat, nicht immer kaputt macht – sondern manchmal auch bringt.
Manchmal bin ich zu faul, die Treppen runterzulaufen, schreib einen Zettel, steck ihn Timmi ins Maul und sag: „Bring’s dem Wolf.“ Timmi tut’s, und Wolf sagt: „Gscheiter Hund“.
Steckt ihm die auf dem Zettel geforderte Tafel Schokolade ins Maul und sagt: „Bring’s der Marion.“ Timmi tut es. Ziert sich natürlich etwas beim Abliefern. Weil das so praktisch ist, dachte ich: Das bringen wir dem Fido auch bei. Und probiere es am Briefkasten mit Briefen. Fido nimmt nicht mal. Bringt folglich auch nicht. Es interessiert ihn einfach nicht die Bohne.
Timmi trägt Tüten. Fido die Verantwortung. Timmi trägt seine Leine. Fido trägt sich mit dem Gedanken, was er als Nächstes anstellen könnte.
Eines Tages tappt Fido um die Ecke in mein Büro, guckt mit seinen blauen Augen und hat etwas im Maul. Dann tappt Timmi um die Ecke und hat auch etwas im Maul. Fido rennt weg. Timmi gibt es mir. Ich öffne die Hälfte eines Umschlages. Ziehe einen halben Brief raus, mit dem halben Briefkopf eines Verlages ...
Liebe Marion Grillparzer,
tausend Dank für das Fido-Manusk
rufen Sie mich bitte an unter: 030 – 9
mit herzlichen Grüßen
Ihr
unleserliches Gekrakel
PS: Diesmal eilt es wirklich
Ich begebe mich eiligst auf die Suche nach der rechten Seite, der mit dem Absender im Briefkopf. Fido liegt im Garten, rupft an seiner Karriere – und der Wind trägt weiße Schnipsel davon.