Letzte Woche besuchten die fünf „Eisheiligen“ unsere Gefilde. Wie jedes Jahr. Immer Mitte Mai tauchen sie auf und haben ein wenig Restwinter im Gepäck. Noch einmal hüllten sie Alpenspitzen in einen weißen und frostigen Schal und überzuckerten Täler schneeweiß. Eine Maiwoche später erwarten wir fast hochsommerliche dreißig Grad. „Juhu“, höre ich die Wetterfee im Radio frohlocken. Ein Rätsel für mich. Am liebsten würde ich eine schwarze Trauerfahne aus dem Fenster hängen. Hochsommer im Mai. Oh, du wandelndes Klima. Es heißt, du hast Einfluss auf unser menschliches Gemüt. So schaffst du den kühlen Norden und den temperamentvollen Süden. Nun wendet sich das Blatt. Unser Gemüt verändert dich. Unsere Maßlosigkeit. Wir wollen immer mehr. Mehr Mobilität. Mehr Komfort. Mehr Energie. Mehr vom Mehr. Wir wollen Extreme. Extrem viel erleben, doch wir genießen extrem wenig dabei. Suchen nach dem Extremkick in Extremsportarten. Vor lauter Extremerleben verlernen wir das Spüren zarter Lebensnuancen. Extrem künstliche Geschmäcker im Essen entfernen uns vom natürlichen Genießen. Extreme Ichbezogenheit hilft uns beim Verlernen von Empathie. So merken wir nicht, wie unser Klima nach Atem ringt. Hauptsache, man kann sein neues Sommeroutfit zur Schau stellen. Am besten schon im April. Extrem extrem! Letztens sah ich im TV einen „Extrem-Botaniker“. Weil er sich für Pflanzen interessiert, die vor unserer Nase wachsen. Die in der Nähe von Parkplätzen oder vor unserer Haustür ihr Dasein fristen. Oft als Unkraut beschimpft. An denen wir tagtäglich unachtsam vorbeigehen. Extrem traurig, dass uns das extrem egal ist. Und, dass wir nicht einmal merken, wie egal uns das ist. Unser globaler Klimawandel ist ein Spiegelbild für unseren menschlich-seelischen Klimawandel. Es gibt keine sanften Übergänge mehr. Auf kalt folgt blitzschnell heiß. Nach staubtrocken kommt überschwemmungsnass. Bei uns Menschen ist es nicht anders. Alles oder nichts. Gemäßigte Kompromisse? Nix für mich. Kalte Mienen, heiß gelaufene Gemüter wohin man schaut. Da erhofft man sich einen Klimawandel. Einen heilsamen. Für die Menschen. Für die Welt. Sind Sie bereit, Abstriche zu machen und gleich jetzt damit zu beginnen?