Wirklich reich ist ja angeblich derjenige, der wahre und gute Freunde hat. Weil ein Feind tausendmal besser ist als ein falscher Freund. Frage nicht. Mit der Freundschaft ist es so eine Sache. Schönwetter-Bussi-Bussi-Freunde gibt es ja zu Hauf. Quasi zum Schweine füttern. Schlechtwetter-Gefährten hingegen sind so selten, dass man sie eigentlich unter Naturschutz stellen sollte. Was ist ein echter Freund? Das wollte ich ganz genau wissen und habe rund sechs Wochen lang ein Selbst-Experiment gemacht. Eine Freundschaftsinventur. Geht relativ einfach. Ich habe aufgehört, mich bei meinen Freundschaften zu melden. Ich bin sonst nämlich einer von der Sorte, der meistens und gerne den ersten Schritt auf andere zugeht. Fragt, sich erkundigt, zuhört und das ganze übrige Programm. Das macht unter anderem quasi das Seelsorge-Gen oder -Komplex und dings tief in mir drinnen. Weiß der Himmel. Diesen komischen Vogel habe ich mal auf Eis gelegt und abgewartet, was sich so tut. Nein, eigentlich nicht gewartet, sondern total losgelassen. Auf coole Wurstigkeit gedreht. Wie es kommt, so kommt es und aus Maus! Wer meldet sich? Fragt jemand nach, wie es geht oder steht und so weiter halt. Eine interessante Reise ins Innere von Freundschaft tat sich auf. Sechs außergewöhnliche Wochen. Denn plötzlich haben sich auch Menschen gemeldet, von denen du vorher schon lange keinen Pips mehr gehört hast. Wo du geglaubt hast, dieser Kontakt ist schon lange Geschichte. Andererseits haben Freundschaften, die man regelmäßig gepflegt hat, an Wirkung abgenommen. Andere haben sich gewandelt, haben an Qualität gewonnen. Einige haben auch Qualität und Quantität eingebüßt. Manchmal bewirkt eine Ruhezeit eine Freundschafts-Metamorphose. Einige fallen möglicherweise für immer weg, was kein Grund für einen Memmen-Anfall sein muss. Persönliche Entwicklungen verlangen oft Abschiede, auf beiden Seiten. So bekommen auch neue Freundschaften Platz. Ungesunde Beziehungen veröden und fallen ab. Wobei man durchaus dankbar auf vergangene Freundschaften zurückschauen darf. Und nicht nach der Art: dieser Arsch meldet sich auch nicht mehr, deshalb leck mich an meinem verlängerten Rücken! Ich halte aber gar nix von der Einstellung, dass man Freunde, die einem nicht nur gut tun, die quasi „ungute Energie“ in dein Leben bringen, von vornherein in die Wüste schickt, ihnen Hilfe verwehrt, um sein eigenes „Chi“ oder weiß der Kuckuck sonst was nicht zu gefährden. Das ist einfach nur Ego-Humbug. Solche Zeitgenossen sind mir nur suspekt. Freundschaften müssen auch einiges aushalten, wollen sie ernst genommen werden. Aber ab und an: „Brüderlein fein, Brüderlein fein (und auch Schwesterlein fein), muss zart geschieden sein…“, ziemlich frei nach Ferdinand Raimund, einem meiner Lieblingstheaterschreibern. So ist das Leben wohl allgemein gestrickt. Was du heute noch fest im Griff glaubtest, kann morgen schon wie eine glitschige Seife aus deiner Hand flutschen. Auf der anderen Seite kann heute etwas Wundersames in dein Leben treten, wovon du gestern noch geträumt hast: Und wenn du nur einen einzigen wahren Freund in deinem Leben hast, dann bist du ein echtes Sonntagskind! Kümmere dich auch regelmäßig darum!