Wer alleine ist, den besuchen die Grübeleien ohne eingeladen zu sein. Sie fragen nicht lange und pfeifen sich einen feuchten Kehricht um deine Meinung. Sie pfeifen dir höchstens was. Grübeleien sind Gedanken-Crasher. Sie schleichen sich still und unheimlich raffiniert in dein Oberstübchen und tanzen dort Tango. Mit dir. Grübeltime ist Sorgentime. Das Grübeln verspeist dein Hirn. Und deine Seele. Deinen gesunden Hausverstand sowieso gleich mit. Frage nicht. Als Verdauungsdings, also quasi hinten raus, dort wo die Sonne in der Regel nie hinkommt, flutscht schließlich wie von selbst: das Sich-Sorgenmachen. Das Grübeln ist sehr innovativ. Grübeleien sind Wissenschaftler und besitzen einen äußerst beherzten Forscherdrang. Grübeleien verfügen über einen enormen Weitblick. Sie sind visionär. Sie schauen stets nach vorne. In die Zukunft. In deine Zukunft. Und sie malen dir diese in ihren buntesten Farben aus. Grübeleien sind ausgesprochen schöpferische Köpfe. Und in deinem Kopf fühlen sie sich auf Anhieb freilandsaumäßig quietschfidel. Urlaub bei Freunden nix dagegen. Zwar ist deine gute Laune mit einem Mal im Arsch. Du aber bist von nun an nie mehr alleine. Wirklich nie mehr! Der Beginn einer endlosen Lovestory. Wer braucht da noch parship und Elite-Partner und dings. Zum Nachgrübeln gibt es ja immer was. Alle unsere Ängste wollen nonstop begrübelt werden. Quasi am Bauch gekrault und im Nacken massiert. Die reinste Angstreflexzonenmassage. Nächtens wird vielerbetts nicht mehr Liebe gemacht, sondern werden große Sorgen gewälzt. Man feiert (S)Orgien. Natürlich gibt es berechtigte Ängste. Ich wäre ein blauäugiger Realitäts-Beiseiteschieber-Depp, wenn ich meine Augen davor verschließen würde. Zukunftsängste. Lande ich direkt in der Altersarmut? Bekomme ich eine schwere Krankheit und muss den Rest meiner Tage dahin siechen? Existenzängste spielen Rambazamba in deinen Gedärmen und führen dir vor Augen, dass Scheißangst nicht bloß ein Gleichnis ist. Sondern eine dünnpfiffige Realpräsenz. Kann ich meine Miete zahlen? Mein Kind ernähren? Bekomme ich wieder einen Job? Verdammt, warum so viel Monat am Ende des Geldes!? Terrorangst. Kann ich auf die Straße gehen, oder werde ich heute Opfer eines Irren, der wild um sich schießt oder sticht oder fährt? Diese Ängste und noch viele andere gibt es. Keine Frage. Viele schon selbst erlebt und durchgrübelt und in anderen gerade mitten drin. Das ständige Grübeln bringt dich keinen Millimeter weiter. Es mag vielleicht deinem Selbstmitleid oder deiner Opferrolle schmeicheln, aber das war es auch schon. Das Grübeln hält dich gefangen. In deinen Angst-Universen. Davon könnte ich Oden singen, mein lieber Schwan. Sofern ich Oden singen könnte. Wenn du zu viel grübelst, dann kannst du unter Menschen gehen, Freunde treffen, um zu reden. Manche haben die gleichen Sorgen wie du, dann ist es schon ein wenig leichter ums Herz. Ab und an lasse ich die Nachrichten sausen und versuche mir meine eigene Meinung zu bilden. Ich habe auch probiert, mir mein Grübeln mit positive thinking auszutreiben. Quasi Gedanken-Exorzismus. Aber die Grübel-Poltergeister in meinem Kopf wollten partout nicht das Weite suchen. Deshalb Strategiewechsel: Gastfreundschaft. Ich empfange meine Grübeleien. Sperre sie nicht aus, sondern bitte sie, bei mir einzutreten. Ich bewirte sie mit meiner Aufmerksamkeit. Ich werde ihnen zu einem guten Zuhörer. Weil: ob du es glaubst oder nicht, die Grübeleien sind im Grunde arme Teufel. Schau, keiner mag sie so recht. Einsam sind sie halt. Vielleicht genau so einsam wie du? Und wenn zwei Einsame sich finden… Na siehst du. Wenn du keine Angst mehr vor ihnen und sie ein wenig lieb hast, dann gehen sie früher oder später. Todlangweilig wird ihnen bei dir, wenn sie keine Panik verbreiten können. Gibt es nix zu tun, dann kündigen sie von selbst. Ich liebe meine Grübeleien zu Tode. Wenn man so will. Und wenn sie ganz hartnäckig sind, ist es auch nicht so fürchterlich. Weil: wenn ich von vornherein grübelnd immer das Schlechteste erwarte, dann kann es im Idealfall immer nur besser ausgehen. Auch nicht (gr)übel!