Ich habe eine Lieblingsuhr. Eine Swatch. Eigentlich hatte ich sie. Vor ein paar heißen Sommertagen segnete sie ihr Zeitliches. Inneres Uhr-Organversagen. Reparatur? Fehlanzeige, keine Ersatzrädchen erhältlich, nie gewesen. Was mir blieb, war das Wegwerfen. Eine Wegwerf-Uhr misst die Zeit einer Wegwerf-Gesellschaft. Das Wegwerfen ist fester Bestandteil unseres Lifestyles. Produkte müssen billig produziert werden. Für Qualität bleibt da wenig Spielraum. Ist die Lebensdauer verflogen, dann ab damit in die Tonne. Müllberge wachsen, Plastik-Inseln gondeln über unsere Weltmeere. Der Geist des Wegwerfens umgreift auch das zwischenmenschliche Miteinander. Solange man am Arbeitsplatz etwas leistet und "einbringt" ist es okay, wenn man älter und langsamer wird, dann wird man in den vorzeitigen Ruhestand oder in die Arbeitslosigkeit "entsorgt". Menschen werden auf eine Funktion reduziert. In der privaten Zwischenmenschlichkeit verläuft es oft nicht anders. Was bringt mir dieser Kontakt, diese Freundschaft ein? An emotionaler Befriedigung, an Prestige, an Vorteilen? Gerne befreundet man sich mit "wichtigen" Menschen und hofft, dass ein wenig von deren "Glanz" auf einen selbst abfärbt. Erfolgreich, wohlhabend und schön sollten die Freunde schon sein. Was zum herzeigen. Und das "Was" ist auch wichtiger als das "Wer" und "Wie" eines Menschen. Und wenn der Ehe- oder Lebenspartner plötzlich alt, krank oder langweilig wird, dann geht es diesem nicht anders als meiner kaputten Swatch. Weg damit! Neues muss her! Oft denke ich mir, es wäre schön, wenn wir anderen Menschen mit einer Vorurteils-Blindheit begegnen könnten. Dann würde das "Wie" vor das "Was" rücken. Oder man beherzt einfach den Rat des "Kleinen Prinzen" und sieht öfters mit dem Herzen. Denn dann würde man die freundliche Kassiererin im Supermarkt nicht nur als Funktions-Objekt wahrnehmen, sondern als menschliches Subjekt mit Würde, Hoffnungen, Sehnsüchten, Träumen und Wünschen. Genau wie Sie. Einer meiner Wünsche für alle Menschen ist in ein Lied gegossen: "Ein Mensch möcht ich bleiben, und nicht zur Nummer möcht ich werden…" (W. Ambros, Austro-Pop-Legende).