In diesen Tagen sieht man sie wieder in die Briefkästen flattern: Schwärme von bunten Reiseprospekten. Sie ziehen gen Norden um die Menschen gen Süden zu locken. Nach Urlaub dürstende Sommermenschen. URlaub. Eine URsehnsucht. Welche durch die sommerlich heißen Sonnenstrahlen zur vollen Reife gelangt. Raus aus dem bekannten Alltagsrhythmus! Raus aus dem Alltagsstress! Und endlich rein in – ja wohin denn eigentlich? In den nächsten Stress. Urlaubsstress. Den braucht man, um der Urlaubsleere zu entfliehen. Viele werden sogar von einem Urlaubsschock heimgesucht. Plötzlich ein Überschuss an Zeit. Freier Zeit. Das muss man erst mal verkraften. Es wird sogar Urlaubsmomente geben, wo man sie ganz für sich alleine hat. Diese freie Zeit. Wo man mit ihr alleine sein wird. Um Himmels willen! Was macht man denn da? Die Urlaubsleere kommt nicht alleine. Sie bringt einen lieben Verwandten mit. Das Unbehagen vor der Langeweile. Das nächste Schreckgespenst. Ich persönlich kann mich nicht genug langweilen. Die Langeweile schenkt uns eine „Lange Weile“. Ein langes Bleiben im Augenblick. Die Möglichkeit bei sich zu sein oder zu sich zu kommen. Eine Lange-Weile für seine Ideen, für seine Kreativität, für das Staunen über das scheinbar Selbstverständliche im selbstverständlich gewordenen Leben. Lange-Weile für das Denken. Das Nachdenken. Das Vorausdenken. Das Überdenken. Das Hinterfragen. Das Auffinden von den Dingen im Leben, mit denen man sich künftig mehr langweilen möchte. Die Lange-Weile schenkt uns Zeit zum Stehenbleiben. Sie gibt Augenblicke zum Durchatmen, zum Aufatmen. Sie ist unserer Seele eine Hängematte, in der sie ab und an baumeln darf. Bevor sie ins Straucheln kommt. Die Lange-Weile verschafft uns Raum, Urlaub von uns selbst zu machen. Eine Chance für neues Sehen. Das Wegsehen vom ach so wichtigen Ego und das Hinsehen auf andere. Ein mitfühlendes Hinsehen, kein verurteilendes Herabsehen. In der Lange-Weile kann man hören. Hinhören auf das, was einem andere zu sagen haben. Was einem die Natur sagen möchte. Die Tiere. Das eigene Herz. Man kann Hinhören auf jene Fragen, die einem die vier Wände seines „stillen Kämmerleins“ stellen. Man kann Antworten suchen. Sich selbst suchen. Sich selbst finden. Lang lebe die Lange-Weile!