„Eure Haltung ist krumm, weil euer Geist krumm ist!“ Meister Okada aus Japan gibt uns diese Weise mit auf unsere buckelige Reise durch das Leben. Aufgeschrieben im Buch „Hara. Die Erdmitte des Menschen“. Ein geistiges Wunderkind von Karlfried Graf Dürckheim. Schon etliche Jahre am Buchbuckel das Ding, aber reich gefüllt mit Alltagspraxis. Umgekehrt natürlich auch nicht weniger Wahrheit. Geist krumm, weil Haltung unter aller Sau. Logisch. Haltungen in gegenwärtiger Zeit bevorzugt gen Boden zugeneigt. Frage nicht. Aber nicht dass du glaubst, weil Mensch besondere Zuneigung zum Boden, liebevoller und mitfühlender Blick auf Mutter Erde oder weil selbstbewusst geerdet oder so. Weit gefehlt. Geerdet sein sowieso das Nonplusultra. Meditationskurse: bitte sei geerdet! Yoga-Sonnengruß: bitte sei geerdet! Gurken einsetzen: bitte sei geerdet! Und sei immer Power! Powerwalking, Powerclimbing, Power-Running… Power, mit hartem „P“, also von Haus kein weiches und zärtliches Wort, auch kein sanftes Tun dahinter. Eher Verbissenheit. Hart wie eh schon viel zu viele Herzen. Mir persönlich unsympathisch. Was wird noch alles powerisiert? Power-Nudelsuppe-Essen, Power-Schuhbänder-Zubinden, Power-Zähneputzen, Power-Shopping, Power-Hunde-Gassi-Führen, Power-Stricken, Power-Talking, Power-Leben, Power-Sterben…? Wir buckeln leidenschaftlich gerne. Nur nirgendwo anecken. Power-Buckeln sozusagen. Nicht unbeliebt werden. Sich unterwürfig machen. So könnte es durchaus einmal vorkommen - rein theoretisch - dass demokratisch gewählte BundeskanzerInnen vor Tyrannen artig und brav buckeln, um nicht als böses Mädchen zu gelten und in Ungnade zu fallen. Obwohl, die kommen ja angeblich überall hin! Die bösen Mädchen. Aber nix Genaues weiß man. Aber nicht nur die Hohe Politik da oben buckelt fröhlich vor sich hin, nein, auch inmitten des gemeinen Fußvolkes wird gebuckelt was das Zeug hält. Wir müssten alle einen Buckel mit uns herumtragen, frage nicht. Notre-Dame-Full-Time-Glöckner Quasimodo nix dagegen. Es wächst gerade ein neue Buckel-Generation heran. Bildschirm-Buckler. Gebückte Haltungen vor den Computern des Landes, quasi neue Gebetshaltung vor den Hightech-Heiligtümern der Moderne. Bildschirm-Schamanen in gebückter Trance klinken sich aus und klicken sich in virtuelle Welten, weil reale Welt vielen zu unheimlich, zu langweilig oder einfach nur wurscht vulgo egal. So buckelt man vor den Meinungen, die im Netz losgelassen. Selber denken oder nachdenken oder kritisch hinterfragen war gestern. Apropos gestern. Junge buckelige Schamanin in beliebter Smartphone-Trance läuft volles Rohr in mich hinein, mein lieber Schwan! Kein Muh, kein Äh! Nur leerer Blick. Ich: „Bitte Vor-Sicht und Rück-Sicht und es gibt auch eine Welt außerhalb der virtuellen, wirklich wahr! Mal Ausprobieren! Lohnt sich total!“ Blick noch viel leerer. Hauptsache die Akkus sind voll. Wie haben aber auch deshalb einen Buckel, weil wir uns oft zu viel aufladen. Aufladen lassen. Zudem haben Stress, Existenzängste, Erwartungsängste, Sorgen, Kummer ein enormes Gewicht. Buckelzusammenbrücke vorprogrammiert. Krumme Rücken, wohin man schaut. Wirklich! Da brauchst du nur die Leute beobachten, die dir tagsüber so begegnen. Und schau dir einmal selber zu. Ich korrigiere unzählige Male am Tag den Neigungswinkel meines Buckels. Beim Gehen, vor allem beim Sitzen, beim Stehen. Meine ganz persönliche Buckel-Achtsamkeitsübung im Alltag. Alle Buckel voll zu tun! Weniger Buckler und aufrichtigere Leute könnte unsere Gesellschaft schon vertragen. Ich versuche es so zu halten wie der Heilige Don Bosco: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“ Und sich nix pfeifen, was andere so über einen denken oder reden. Nicht immer einfach, aber eine hervorragende Therapie gegen krummen Buckel!