Nach etwa zehn schwierigen Minuten unausgeschlafen in den Tag zu starten, drücke ich den Knopf und gehe auf den grünen Kreis mit dem laufenden Männchen. Ich nehme „Laufen Outdoor, offenes Ziel.“ Bin eine Stunde unterwegs, guck dauernd auf den Coach: Puls 123, 43 kcal, Blutsauerstoff 95 % ... Nach ein paar Minuten: „Nur noch 10 Prozent Batterie“. Panik. Puls schnellt hoch. Ich drossel die Geschwindigkeit. Dann irgendwann: schwarz. Der Techno-Coach tut es keine 24 h ohne Saft. Wann soll man den um Himmelswillen aufladen. Nachts verpasst man den Schlaf zu messen. Und tagsüber die Schritte zu zählen. Und wo hat er jetzt das wirklich sehr lange, intensive Training gespeichert? Im Nirwana?
Abends krieg ich nach unzähligen SMS und Nachrichten und Klingeltönen und Aufforderungen aufzustehen und mich eine Minute zu bewegen ... die Meldung, dass ich mein Tagesbewegungspensum nicht erreicht habe. Aber dass ich es ja morgen besser machen könne.
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Der Techno-Coach liegt jetzt erst einmal in seinem schönen Schächtelchen. Hat Ausgangsverbot. A) Er hat nämlich auch noch geschwindelt. Ich hab‘ ihn auf dem Laufband getestet. Laufband sagt: 4 Kilometer. Und er: 3 Kilometer. Das ist frustrierend – und das verwunderlich: Wie ich versucht habe mir ein bunteres Zifferblatt zu gestalten, bin ich auf „Schwimmtraining“ gelandet. ES hat dann ganz merkwürdige Blasen ausgestoßen. Und ich wusste einfach nicht, wie ich da aus dem etwas gruseligen Spektakel wieder rauskomme – mit meinem miesen Karma allem Technischen gegenüber ...
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Ich war heute morgen wundervoll joggen. Hab die Schlüsselblumen genossen, die Reiher, den grünen Bärlauch am Wegesrand, den Frühlingsduft, meinen Herzschlag im Hals ... jeden Schritt – ohne die Kontrolle an ein unsichtbares (Un)Wesen zu geben. Voll Vertrauen in meine Intuition. Laufen ist gesund. Licht ist gesund. Frische Luft ist gesund. Meine Laufrunde von 6 km sind 10 000 Schritte.
Nun kann ich abends beruhigt einschlafen. Tief. Ohne Mini-Computer am Handgelenk. Mit schönen Erinnerungen im Kopf.