Im Burggarten in Wien stehen 87 Menschen unterschiedlicher Nationalität und Schuhen (von Schüsselschlappen, über Riemchensandalen zu Wanderschuhen) mit weit aufgerissenen Mündern und klatschen sich mit den Händen ins Gesicht. Ich mittendrin. Was würden sich Außerirdische nur denken? funkt’s durch meinen geohrfeigten Kopf. „Nun Kopf klopfen. 100 Mal!“ ruft Willi. Und alle machen mit.
Ich liebe es, mich zu bewegen. Das tue ich überall auf der Welt. Auch in Wien. Schon morgens in die Laufschuhe schlüpfen und die Stadt ganz allein mit den Tauben beim Aufwachen erleben. Es gibt nur einen, den ich da vielleicht mitnehme. Er steht an der Tür meines Lieblingshotels Beethofen und sagt: „Ich hab‘ eine Überraschung.“ Ihr kennt Manfred. Er ist der Autor von „Switch durch Fasten“ (ein wunderbares Intervallfastenbuch). Und wer ihn kennt, weiß: Manfred Spahn liebt Überraschungen.
Er hat immer welche. Die bislang schlimmste: der Teller lätscherte Basensuppe am Abend meines ersten Fastentages. Ich hoffe, dass diese Überraschung vielleicht so was wie ein leckeres Powidldatschgerl auf dem Naschmarkt ist... ahne, dass ich da aber umsonst hoffe. Wir laufen los. Lassen meine Hoffnung und den Naschmarkt hinter uns, passieren Innerer Wiener-Ring, Heldenplatz ... Am Burggarten, vor sechs griechischen Säulen wackelt eine wilde Ansammlung bunter Menschen. Viele aus China. Vorne steh einer, auch von dort, und zählt laut 1,2,3,... Knie schlenkern, Arme kugeln, Köpfe rollen alle machen sehr, sehr ernsthaft mit. Fast. Ein paar kommen wohl zum Schwätzchen halten, stehen im Kreis und deuten die Bewegungen ein wenig an. Aber der Rest folgt dem Meister. Seit Jahren macht Willi hier QiGong. Bewegt die Welt. Jeden Morgen. Und jeder, der vorbeikommt kann mitmachen. Und tut das auch in Alltagsklamotten. Ein Geschenk. An die Gesundheit. An die ewige Jugend. In China völlig normal. Da betrachtet man Bewegung als Lebensphilosophie. In China hat man selten chronische Rückenschmerzen – dort geht man in den Park. Morgens ab fünf Uhr treffen sich dort die Menschen, bilden Gruppen. Und bewegen sich. Machen Taiji, QiGong, Kung-Fu – oder etwas anderes. Man kommt vorbei, guckt sich die Gruppen an und macht dort mit, wo man Lust hat. Jede Gruppe hat einen Organisator, der bei einem Meister gelernt hat – und seine eigene Bewegungsphilosophie entwickelt. Er berät jeden Neuankömmling. Wie Willi. In Wien. Eine Überraschung. Besser als Basensuppe. Ja, ja, auch als Powidldatschgerl. Ich liebe QiGong. In Wien. Überall auf der Welt in den Parks. Daheim, auch das wisst ihr, mit dem Wunderstab namens Idogo.