Unter den vielen Formen von Liebe gibt es die eine besondere Liebe: die zwischen Großmutter und Enkel. Keine Liebe, keine Beziehung ist so bedingungslos. Omas sind für einen da. Immer. Und Enkel dann irgendwann ja auch. Ich hatte das Glück mein Oma 50 Jahre lang zu haben.
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Während die Eltern vor Erfahrungen warnen. Schickt einen die Großmutter mit einer Weisheit ins Abenteuer namens Leben: „Streite dich nie ohne einen Löffel Wasser im Mund.†“Vertraue auf Allah, aber binde Dein Kamel an …†“Nimm Calcium phosphorikum. Dann hast du festere Fingernägel ohne diese Trauerrädern drunter.†„Such dir einen besseren Friseur, wenn du das nächste mal bei Elstner bist …†Na ja, und die langen Unterhosen …
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Einer Oma glaubt man. Eine Oma hat immer Recht. Meine Oma hatte immer Recht.
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Oma klebt nicht nur ein Pflaster auf die Wunde. Sie erzählt eine Geschichte dazu, die einen später Medizin studieren lässt oder Gesundheitsbücher schreiben.
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Von Oma habe ich gelernt, dass man bedingungslos lieben kann. Sie war immer da. Hat immer zugehört. Hat immer gestreichelt. Hat niemals eine Gegenleistung verlangt.
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Ich habe viele Bilder in meinem Herzen. Wie sie mir die Geschichten vom Tannenpurzel und dem Tannenpurzellilllelllinchen erzählt hat. Ich fühle noch, wie sie mir den Rücken mit Wickwappurup eingerieben hat, wenn ich krank war. Ich schmecke die Milch mit Honig zum Einschlafen. Und ich sehe noch ihre Sturmfrisur, wenn sie bei jedem Wetter raus kam aus dem Haus und die Pausentüte über den Zaun hievte. Mit Nüssen, Rosinen, Äpfeln, Käse-Vollkornbrot.
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Auch viel später noch, als ich sie im Rollstuhl durch den Park schob. Und wir in einer unserer gemütlichen Zigarettenpause ein bisschen philosophiert haben – über die grauenhafte Politik, die wunderbare Flädlesuppe in drei Rosen, den tollen Mann, den ich hab, wie rührend mein Daddy mit seinen ständigen Besuchen ist, wie ihr Enkel Jakob seine Tochter fröhlich in die Luft wirft, wie gescheit ihr Urenkelin Lina ist und wie toll Xaver. Wie lieb die Schwestern im Stift sind. Wie sehr sie sich auf Claudia und Bettina freut … Egal welcher Tag, welches Wetter, welches Alter. Und um uns herum war eine Wolke voller Liebe. Enkel und Oma.
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Sie hat mir mit Rollo das Laufen beigebracht. Das Barfußlaufen auf Kieselsteinen. Das kultivierte Essen mit Serviette, Messer und Gabel. Ich hab mit ihr Pläne geschmiedet, Johannisbeeren gepflückt, Apfelstrudel gebacken und die schweren quer gedachten Kreuzworträtsel in der Süddeutschen Zeitung gelöst.
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Ich hatte das Glück, meine Oma ein halbes Jahrhundert zu haben.
Oma du fehlst mir so.
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Wenn Ihr eine Oma habt, dann freut euch jeden Augenblick darüber.
Bis bald, bleibt xunt,
Marion Grillparzer