Abends schließt der Chicken-Guard mit der untergehenden Sonne das Türchen an der Hühnerleiter und morgens öffnet er es wieder. Toll. Lässt uns ausschlafen. Und Ausgehen. Wenn’s wieder erlaubt ist. Dann, wenn die Hühnchen umgezogen sind. Und da wären wir schon beim Problem. Sie haben ein kleines nettes Häuschen. Das ist kuschelig. Niedlich. Hab ich im Internet als Zwischenlösung bestellt. Von mir angemalt. Das lieben sie. Und da gehen sie rein, obwohl da jetzt 20 Meter entfernt das für den Winter isolierte Luxushühnerhaus steht. Das sie einfach ignorieren. Es hilft nicht mal, dass ich da Futterkarussell und Wassereimer reinstelle. Ein neuer hübscher Zinkeimer. Mit vitaminisiertem Wasser. Speziell für Hühner. Passend zum Zirkuswagen. Der Eimer. Okay. Was tun? Ich pflück die Hühnchen, sobald es dunkel ist, aus ihrem alten Haus und setze sie ins neue. Das mache ich drei Nächte lang. Und morgens rutschen sie auf ihrem Hintern die Hühnerleiter runter. Halb rutschen, halb fliegen sie. „Wooolf, da sind nicht genügend Sprossen drauf.“ Wolf schraubt dann schließlich jeweils drei weitere Sprossen dazwischen. Auch mit den vielen Sprossen gehen sie nicht die Leiter hoch. Nach einer Woche gehen sie aber die Leiter schon sehr manierlich runter. Den Chicken-Guard haben wir noch nicht programmiert. Wir pflücken sie ja abends im alten Haus, tragen sie rüber, stehen immer noch mit der Sonne auf, um sie rauszulassen – aus ihrem neuen großen Luxushaus. Sie gehen jetzt manierlich die Leiter runter. Nehmen dann aber ihre Keulen in die Hand und düsen in das alte Haus, um dort ihre Eier zu legen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, das ist so schwer, dass es mir in den Kniekeulen hängt. Und ich tüftle an einem Plan. Ich baue einen Zaun um das neue Haus. Locke Berta und Lotte mit Mehlwürmern kurz vor Sonnenuntergang in ihren eigenen Garten. Mach ihn zu. Dann verstecke ich mich. Komme im Dunklen wieder. Bibbernde, leise gackernde, unglückliche Hühner sitzen unter dem Strauch neben der Hütte. Mein Gewissen rutscht zu den Fersen. Und mein Herz rutscht gleich mit. Ich setze sie ins Luxushaus und schlafe schlecht. Hab dann aber einen Plan. Es gibt eine große Tür im Zirkuswagen, damit ich da rein kann und sauber machen kann. Ich stell einen Hocker davor, lass die Türe auf. Und frage meinen, Geflügel in der Regel zugewandten Gatten: „Wooohoolffff, könntest Du den Indianerfederschmuck aus dem Speicher holen, anziehen und dich ins Hühnerhaus reinsetzen und wenn die Sonne untergeht krähen.“
Leider kann ich nicht auf Hilfe meines Mannes zählen. Aber: Ich mache eine dicke Mehlwurmspur über den Hocker durch meinen Eingang ins Hühnerhaus. Und warte geduldig. Bis 18 Uhr. Es ist stockdunkel. Ich gehe mit der Taschenlampe rüber – und…
Tatsache, sie sitzen im Hühnerhaus. Die (große) Tür muss ich weiterhin nach Sonnenuntergang mit der Hand schließen. Die Eier aus dem alten Haus holen. Aber ich bin geduldig. Das habe ich gelernt. Per Hühnchen-Buddha-Training. Und: Ich weiß, sie werden irgendwann über die Mehlwurmstraße auf der Hühnerleiter ins neue Heim wandern. Und dann machen wir eine Flasche Schampus auf.