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    Grüne Smoothies machen Leberschaden?

    Eine wunderbare xunt-Posse geistert grad mal wieder durch die Medien. Thema: Gesund ist ungesund. Grüne Smoothies machen Leberschaden, ja vergiften uns.

     

    Brennnesseln essen. Unglaublich! Wie gefährlich! Löwenzahn. Oh, das könnte tödlich sein. Rhabarberblätter … Der Bio-Bauer bekämpft schließlich mit einem Sud von Brennnesseln und Rhabarberblättern Blattläuse. Tödlich auch für unser Spezies? Nö. Wunderbar, finde ich, hilft im Smoothie gegen die Läuse, die uns über die Leber laufen, wenn wir solch beunruhigende Botschaften lesen.

     

    Apfelkerne mit im Smoothie. Wie wahnsinning kann man nur sein? Die enthalten doch Blausäure. Die winzige Menge von 1 mg Blausäure pro Kilo Körpermasse ist tödlich. Nur: In Apfelkernen ist gar keine Blausäure drin, sondern die Vorstufe Amygdalin. Die wird im Körper zu Blausäure umgewandelt. 1 Kilo Apfelkerne enthält weniger als 1 mg Amygdalin. Wer isst 50 Kilo Apfelkerne?

     

    Wildkräuter. Hilfe, wie dämlich ist das denn, wenn es doch moderne Geschmacksverstärker wie Glutamat gibt. Radieschenblätter im Drink? Sauerampfer. Rhabarber-Blätter. Unkraut. Wäre ja nix neues. Gartenabfälle in den Mixer geben – wie dumm ist der Mensch den plötzlich? Laub hätten wir vor 100 Jahren gegen die Hungersnot gegessen. Zerstampft. Im Brot. Weil sonst unverdaulich. Ehrlich gesagt haben wir auch Flusskrebse in der Hungersnot gegessen. Sind heute eine Delikatesse. Warum sollten dann ein paar junge Brombeerblätter plötzlich schädlich sein?

     

    Wildkräuter total ungesund. Sagt das Infant Terrible der Gesundesser. Mit Bitterstoffen schützt sich die Pflanze vor Insekten – und wir würden es ausspucken – wenn wir die „abstoßende Gesundheitsplörre“ nicht mit Süßstoffen und Zitronensaft und Gewürzen abschmecken würden. Wahr ist: Dass wir keine Bitterstoffe mehr aufnehmen, ist Grundlage für viele Un-Gesundheiten wie Übergewicht, Stoffwechselstörungen, Leberverfettung … Bitterstoffe fördern die Entgifung über die Leber. Sie vergiften nicht.  In der Regel. Freilich: Auch hier macht es die Dosis. Und natürlich schützt uns der Geschmack vor zu viel. Wer einmal ein paar Stängel zu viel Koriander in den Smoothie getan hat, trinkt den ganz einfach nicht. Und wirklich ungesunde Mengen schluckt nicht einmal der Mixer.

     

    Oxalsäure sei ein Problem. Steckt im Rhabarber. Im Sauerampfer. In Sternfrüchten. Steckt aber auch in Spinat, in Mangold, Petersilie, Kakao, Schokolade, Roten Rüben. Also, künftig all das nicht mehr essen. Und schwarzen Tee bitte auch nicht mehr trinken. Weil Oxalsäure erschwert Eisenaufnahme im Darm und führt zu Calciummangel und davon kriegt man Nierensteine. Ja, ist letal: 600 mg pro Kilo Körpergewicht. Also 30 Gramm bringen einen um.  Umgerechnet 16 Kilo Petersilie. 3,5 Kilo Rhabarber. Aber nicht eine Hand voll Blätter.

     

    Die Hauptkritik am Smoothie-Trend lautet – ich zitiere: „Rohe Blattgemüse sind die wichtigste Ursache von Lebensmittelvergiftungen.“ Weil Bio-Sprossen vor Jahren mit EHEC-Keimen mehr als 50 Todesopfer forderten. Wenn man Blattgemüse mit Keimen in den Mixer tut, gäbe das, fein zerteilt, eine ideale Brutstätte für Krankheitserreger.

     

    Ja. Genau. Ich würde keine Keime mit in den Mixer tun. Die möchte ich auch auf meinem Salat nicht haben. Deswegen kaufe ich den Bio. Und ich wasche ihn. Wer sich fürchtet, kriegt die Keimlein auch mit Essig im Waschwasser weg.

     

    Ich glaube lieber an die Kräuter und Blätter und Gemüsemedizin verschreibende Hildegard von Bingen, als an den Lebensmittelchemiker Udo Polmer. Den ich im Übrigen sehr schätze, weil das was er schreibt gut geschrieben ist, zum Denken anregt. Und auch immer ein Fünkchen Wahrheit enthält. Alles ist giftig – wenn man zu viel davon aufnimmt. Auch Wasser.

    Darum gilt eine ganz einfache Lösung: Abwechslung. Und die schenkt uns die Natur. Alles gibt es nur eine Zeit lang. Darum macht man den Smoothie täglich anders – à la saison.

     

    Prost Gesundheit, Eure

    Marion Grillparzer

    12. Mai 2014

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