Kurti schwer verletzt. OP. 6000 Euro. Corona. Motorschaden Camper. Trump. Einbruch... Es ploppen immer mal wieder Szenen aus der Netflix-Verfilmung „Achtsam morden“ von Karsten Dusse hoch. Nein, nicht die mit den Granaten oder dem Zerstückeln oder dem Raben und dem Finger oder Björn Diemel in seinem himmelblauen Anwaltsanzug. Nein, ich sehe den wunderbaren Therapeuten Dr. Jakob Tiefenbach... und höre seine Tipps, zum Beispiel zu unserer wundervollen Gefühlsmonogamie, er sagt: „Wenn Sie Dankbarkeit fühlen, hat kein anders negatives Gefühl Platz.“ Also übe ich mich hier auf der Holzbank bei den Carabinieri in Loano in Dankbarkeit. Während ich zum gefühlten 27. Mal erzähle: „Nein, sie haben nichts mitgenommen. Sie haben nur meine kunstschmiedeisene fast 3 Meter hohe Terrassentüre zerstört (was mir schier unverständlich ist, warum man das macht, wenn es Fenster gibt, die man viel einfacher zerstören kann). Und dann haben sie mit der riesigen Axt meiner Nachbarin auf einen Tresor in der Wand geschlagen, von dem ich nicht einmal wusste, dass es ihn gibt.“ darüber hing ein Engelbild, das hängt jetzt auch wieder über den Beulen. Meiner Nachbarin wäre es ja viel schlechter ergangen, ihr gesamter Familienschmuck ist weg. Den hätte ich ja nicht hier, weil es ja nur eine Ferienwohnung ist. Auch ein Grund für mich dankbar zu sein. Außerdem: Wenn die Diebe meine Wohnung hätten, würden sie ja nicht einbrechen. Also darf ich auch dafür dankbar sein. Und später bin ich dankbar dafür, dass es nur einen von vier Beatle-Kotflügeln schwer erwischt hat.
„Ist denn gar nichts weg?“ „Nein, gar nichts.“ Dafür, dass nichts weg ist, verfassen sie einen 1 Stunde 56 Minuten langen Bericht. Und ich übe mich, wie gesagt, derzeit in Dankbarkeit fühlen – damit keine ichwillauchachtsammorden-Gedanken aufpoppen. Weil, dafür hab‘ ich noch ein kleines bisschen mehr Grund. Zum Beispiel die Nachbarskatze. Sie hat sich in meiner Abwesenheit in mein Bett erleichtert. Groß. Nicht nur ein Mal. Sie kam durch das kaputte Moskitonetz, hinter der kaputten schmiedeeisernen Terrassentüre. Nicht nur einmal. Außerdem hat sie in meinen Kräutergarten im Antik-Topf neben meinem Frühstücksplatz auf der Terrasse zu ihrer weiteren Erleichterung erwählt. Unmöglich dort noch zu frühstücken. Ich übe mich in Dankbarkeit. In meine Dankbarkeitsgefühle poppen nur ein paar Kakteen auf, die ich später in den antiken Katzenklo-Topf pflanze. Â
Ich stehe vor meinem Beatle. Sehe den völlig verbeulten Kotflügel. Und denke an Dr. Tiefenbach: Lächeln. Das aktiviert Muskeln, die dafür sorgen, dass wir uns entspannen müssen. Wir können gar nicht anders. Ich lächle den Kotflügel an. Setze mich völlig entspannt in meinen geliebten Beatle und wir schwimmen auf unserer kleinen Pechwelle einfach davon.