Heute bin ich morgens mit Fido gejoggt. Die Vögel zwitschern Frühling. Die Sonnenstrahlen mühen sich auf der Haut um ihre erste Anerkennung. Der alte Mann mit dem Riesenschnautzer lächelt. Alles real. Auch der Liegstuhl in dem ich Nachmittags sitze, einen Cappuccino mit einer Prise Zimt in der Hand. Ein fröhliches Glucksen im Bauch. Es ist Sonntag. Das Leben ist schön. Und da lese ich einen Artikel im Spiegel über “Alles im Wunderland”. (Wunderbarer Titel!). Und irgendwie läuft mir das was Kaltes den Rücken runter. Second Life ist eine Internetwelt, die vor vier Jahren gegründet wurde. Dort, unter www.secondlife.com kann man sich eine neue Identität verschaffen. Als Avatare in eine neue Welt eintauchen. Nur ist diese Welt eigentlich nicht viel anders als die reale Welt. Dort regiert das Geld, genauer Linden-Dollars. Man muss sich seine Klamotten, sogar sein Ding da unten erst einmal kaufen. Die Optimierung der Selbstdarstellung kostet Geld. Ganz reales. Dann kann man Imobilen erstehen. Für 6500 echte Dollar und der Hausmeister kostet dann auch 300 Dollar im Monat. Man kann in Kneipen gehen. In Boutiqen, Zeitung lesen, sich mit anderen Avataren messen… Die Bevölkerung dort wächst. Letztes Jahr um 600 Prozent. Nun treiben sich da schon 3,5 Millionen Avantare rum. Leben ein zweites Leben, ein virtuelles. Ich frag mich da: Woher nehmen die die Zeit? Und warum tun sie das? Suchen sie dort Liebe, Freundschaft, Anerkennung? Wollen sie der Realität entfliehen, in eine virtuelle Realität, die auch nicht anders aussieht? Ich würde echt lieber ein Märchen lesen. Zum Beispiel Alice im Wunderland.
Bis bald
Marion Grillparzer