Heute Morgen ist mir mein Vitalstofftrunk im Hals stecken geblieben. In der Zeitung stand: Selen erhöht Diabetes-Risiko. Um 50 Prozent. Jesus! Was schluck ich da gerade? Tausende von Studien haben doch bislang gezeigt: Selen stärkt das Immunsystem, beugt Krebs vor. Selen macht doch auch noch schön. Und nun warnen Ernährungsmediziner von der Warwick Medical School: Wer täglich Selenpräparate nimmt, habe nach acht Jahren ein knapp 50 Prozent höheres Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken, als Menschen, die ein Scheinmedikament schlucken.
In der Süddeutschen stand: Die Forscher teilten 1200 Menschen in zwei Gruppen auf, die eine erhielt 200 Mikrogramm Selen, vielmal so viel wie täglich empfohlen wird. Die andere ein Scheinmedikament. Acht Jahre später hatten 58 der Selenschluckern Alters-Diabetes. Und in der Kontrollgruppe 39. Also ein Unterschied von 19 Menschen – was diese 50 Prozent ausmacht. 542 entwickelten trotz Selen keinen Altersdiabetes. Was mich schon mal ein bisschen beruhigt.
Warum genau, diese 19 Menschen mehr Altersdiabetes bekamen, wissen die Wissenschaftler nicht. Mich wundert das auch, denn wir brauchen Selen dringend für die Schilddrüsenhormone. Und wenn wir davon zu wenig haben, dann werden wir dick. Und dick ist ein Risiko für Altersdiabetes. Also: Genau das Gegenteil müsste eintreffen.
Ich hab dann noch ein bisschen recherchiert und herausgefunden: Dass es sich in der Studie um Hautkrebspatienten handelte. Man gibt also ein hoch dosiertes Monopräparat über Jahre hinweg kranken Menschen und stellt fest, dass 58 statt 39 Altersdiabetes entwickeln.
Wie viele Menschen entwickeln denn ansonsten laut statistischer Prognosen Altersdiabetes? Zehn Prozent. Also von 600 auch etwa 58. Nun frage ich mich: Warum haben die Menschen mit dem Scheinpräparat weniger Altersdiabetes entwickelt, als normal? Was war in dem Scheinpräparat? Na ja, nur so nebenbei gedacht.
Ich hab, diese mich natürlich verunsichernde Studie, gleich meinem Arzt gefaxt. Der sagt: „Deswegen sind die Südamerikaner (Selenspiegel 240, Canada 190, wir: 70) alle so fett und haben Diabetes – und wir sind dünn und gesund…). Und deswegen haben die Japaner und Okonawa alle Diabetes und sind fett … in Algen ist hochdosiert Selen.“
Er schickte mir dann auch noch einen Haufen Studien. Z.B.: Im National Cancer Inst wurde 1998 eine Studie veröffentlicht, da untersuchte man 33 737 Männer 7 Jahre – und die hatten um 70 Prozent seltener Prostatakrebs mit hohen Selenspiegeln. Der vierthäufigste Krebs bei Männern. Weiterhin untersuchte man 130 000 Menschen über sechs Jahre, die zu 13 Prozent seltener an Krebs starben, durch zusätzliche Selengaben, die zu 56 Prozent weniger Speiseröhrenkrebs entwickelten, die zu 40 Prozent weniger Magenkrebs hatten. U.s.w.
Das deutsche Diabeteszentrum schreibt über Selen: „in Experimenten konnte ein insulinähnlicher und antidiabetischer Effekt gezeigt werden.“ Allerdings könne man das in Studien, in denen man die Blutwerte von Menschen untersucht bislang nicht feststellen. Weiter im Text: „Da ein Nuten derzeit nicht bewiesen ist und Selen in hohen Dosen toxisch wirkt, kann eine zusätzliche Einnahme zur Diabetesprävention in einer Bevölkerung mit allgemein adäquater Supplementierung nicht empfohlen werden.” Also: Wer xunt isst, so das Zentrum, braucht kein Selen.
Tja, was soll man nun glauben? Also ich glaube an gesundes Essen: an das Selen in der Kokosnuss, im Fisch, in Haferflocken, Eiern, Nüssen, Gemüse, Obst. Und lass mir alle ein, zwei Jahre mal ins Blut gucken. Was bei meinem Pferd ganz selbstverständlich gemacht wird. Und ich füll nach, wenn was fehlt, oder wenn ich meine nun mal wieder was extra zu brauchen. Kurmäßig. Klug kombiniert mit all den anderen Vitalstoffen. Ich will keinen Krebs – und krieg sicherlich keinen Diabetes.
Für Ängstliche: Also das Bundesinstitut für Risikobewertung hält eine Menge von 30 Mikrogramm Selen aus Nahrungsergänzung für unbedenklich. Ich denke: Auch 150 schaden nicht, wenn man es nicht als Monopräparat über acht Jahre hinweg, unkontrolliert nimmt. Nur: Es heißt Nahrungs-Ergänzung. Und die schafft es nie alleine einen “gesund” zu halten. Nie!
Bis bald
Marion Grillparzer