Gestern bekam ich ein mail von einer verzweifelten Mutter. Sie hat einen Interview gelesen, dass ich mit Dr. Johannes Coy zum Thema Krebs und Ernährung geführt habe. Tenor: Die Kohlenhydratmast hat mit Schuld an der Zunahme von Krebs. Und Krebszellen kann man aushungern durch Zucker- und Weißmehlentzug.
Das Problem vorweg: Die Dame hat Recht. Guter Rat kann manchmal einfach zu viel sein. Ich möchte nicht, dass irgend einer meiner Leser in Panik ausbricht. Essen ist unser Freund, nicht unser Feind. Und Kohlenhydrate machen per se weder dick noch Krebs. Unsinn. Nur zu viel ist ungesund. Genauso wie zu viel Wasser, zu viel Sonne, zu viel Vitamine, zu viel Eisbärenleber… Was wäre ein Leben ohne Pasta, ohne Kekse.
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Hier der mail-Wechsel:
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Sehr geehrte Frau Grillparzer,
ich habe einige Ihrer Bücher gelesen, zuletzt die Diät-Nanny, und glaube inzwischen auch zu wissen, was gesunde Ernährung heute bedeutet. Doch das letzte Interview von Ihnen in der Bunten treibt mir den Angstschweiß auf die Stirn. Als Mutter von drei Kindern (4, 11, 13) bin ich ja nun nicht nur für meine eigene Gesundheit verantwortlich, sondern auch für die der Kinder. Meine Vorstellung von gesundem Essen läßt sich nur schwer bei Mann und Kind durchsetzen, und bei jedem kleinen Schokoriegel stellen sich mir nun die Nackenhaare hoch. Belegtes Brot für die Schule und dazu ne Banane? Gestrichen! Mal eine Cola auf der Party oder dem Kleinen eine Brezel in die Hand drücken? Gestrichen! Meine Gedanken kreisen nun nur noch darum, wie ich sie gesund behalte, was für schlimme Dinge schlimmes Essen in ihren kleinen Körpern anrichtet, bzw. was ich ihnen eigentlich zu Essen geben soll. Quark mit Beeren zum Frühstück? Da gehen die lieber mit leerem Magen in die Schule, denn Nutella muss es einfach sein.
Dies ist ein Hilferuf nach Lektüre von zuvielen Nahrungs-Ratgebern. Da ich Ihnen eigentlich das meiste Vertrauen entgegenbringe – frage ich Sie: Was soll die Familie essen? Vorallem die Kinder? Und wie beruhige ich meine angespannten Nerven beim Anblick eines Marmeladen-Brotes in der Hand meines 4Jährigen?
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Liebe Frau …
Himmel! Wir leben in einer Welt mit der sich unser Körper arrangieren muss. Und der kann das auch. Wir sollten halt einfach nur ein bisschen bewusst sein, dass wir ihm nicht alles zumuten können. Deswegen rede ich zum Beispiel immer von der 70:30-Regel. 70 Natur. 30 Genussmittel. Unser Körper ist gutmütig. Wahrscheinlich verträgt er auch 50:50. Nur, wenn ich sagen würde 50:50, kämen dann 30:70 raus. Ich finde wichtig, aufzuklären. Mir ist das Coy-Prinzip für den gesunden Menschen viel zu streng. Allerdings wird einem Krebskranken in der Klinik vom Prof. gesagt: “Essen Sie was sie wollen, alles egal…†Hier wird viel gelogen, was unser Essen betrifft, was die Qualität betrifft. Was die Folgen betreffen. Wenn Sie sich als Mutter bewusst sind, dass Essen mehr ist als Genussmittel, Kalorien, sondern unser Treibstoff. Etwas wertvolles. Das wir auch wertschätzen sollten, dann geben Sie das auch an Ihre Kinder weiter. Geben Sie Ihren Kindern zum Nutellabrot einen Bioapfel. Und schon müssen Sie keine Angst mehr haben um seine Gesundheit. Vielleicht funktioniert ja auch ein schönes Brot von einer guten Bäckerei mit einem höheren Vollkornanteil. Darauf Quark und eine Marmelade ohne Aroma-Stoffe, ohne Süßstoffe. Mal ne Cola, mal ein Schokoriegel – um Himmels-Willen, das ist doch kein Problem. Das ist doch Genuss. Allerdings erhöht ein Cola oder ein Fruchtnektar pro Tag über Jahre hinweg die Chance an Diabetes zu erkranken um 80 Prozent. Machen Sie sich keine Sorgen. Ein bisschen Bewusst-sein und das weiter geben reicht aus.
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In diesem Sinne
bis bald
Marion Grillparzer