Vom Spiegeltitel dieser Woche hat ja wohl jeder gehört. Kaum geht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hin und erhöht eine Vitamin-Empfehlung, die für Vitamin D, weil wir davon nachweislich zu wenig haben, was uns nachweislich krank macht … kommen natürlich die typisch deutschen Kritiker zu Wort. Und die spiegeln sich natürlich auf der Titelseite des Spiegels. Denn natürlich ist das ein Super-Thema: Vitamine verkürzen das Leben. Wer will das nicht lesen. Vitamine, die nimmt doch jeder Dritte. Und die stecken ja sogar im Apfel drin. Also: Das interessiert jeden.
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Und drinnen stehen dann wieder die Uraltstudien von 1994. In denen man festgestellt hat, dass die isolierte Gabe von Beta-Carotin das Krebskrisiko von Rauchern erhöht. Oder die hochdosierte Gabe von Vitamin E das Prostatakarzinomrisiko erhöht. Obwohl es das in den fünfzig Studien vorher gesenkt hat. Es wird nicht mal erklärt, warum die isolierte, hochdosierte Gabe eines Antioxidants gefährlich wird. Das weiß man seit Jahrzehnten!
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Also drin steht auch: Magnesium hilft nicht gegen Krämpfe. Weil es da keine Studie gibt. Das muss ich mal meinen Waden erzählen, wenn die nachts krampfen. Gibt’s keine Studie, liebe Wade. Kriegst morgen also kein Magnesium.
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Und es steht drin, dass in unserem Essen noch alles genauso drin steckt wie früher. Und es wäre falsch, was anderes zu behaupten. Ja, wie kann man nur behaupten, dass im Junkfood das Gleiche drin steckt, wie in Omas Töpfen? Und künftig kann ich mir den Haufen Geld für das Mineralfutter meiner Pferde sparen. Muss nimmer messen, ob sie gerade mal wieder einen Zink-Mangel oder einen Selenmangel haben, weil’s mit Immunsystem, Muskeln, Haut und Haaren so gar nicht stimmt. Schließlich steht ja in der Zeitung, dass im Boden noch alles drin steckt, und wenn’s nicht drin steckt düngt’s der Bauer halt rein.
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Nur, warum füttert der Bauer dann seinem Vieh eigentlich all das dazu, was im Boden eh drin steckt und doch nur das Leben verkürzt? Aminosäuren, Vitamine, Mineralien, Spurenelemente … Das würde er doch nicht tun, wenn er sich das sparen könnte … Menschen mit niedrigem Selenspiegel haben übrigens häufiger Krebs. Im Laborschälchen macht Selen Krebszellen kaputt. Aber in der Zeitung steht: Es gibt eine neue Studie, in der das nicht nachgewiesen ist, dass Selen Krebs vorbeugt.
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Ein ganzer Berufsstand, der der Orthomolekular-Mediziner, wird in diesem Artikel ja als Scharlatan diskreditiert. Hochstudierte Menschen, die Menschen von schweren Krankheiten heilen. Mit Vitaminen …
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Die Amis sind übrigens noch dämlicher als wir, weil da jeder zweite Vitamine nimmt – und bei uns nur jeder Dritte. Mit Folsäure im Mehl haben die da drüben es geschafft, dass es viel weniger Fehlbildungen in der Schwangerschaft gibt. Aber bei uns steht in der Zeitung: „Vorsicht bei Folsäure!“ (Titel!) Im Text steht dann: Folsäure ist wichtig für ungeborene Kinder, sie verhindert Neuralrohrerkrankungen wie etwa Spina bifida (Rachenspalte) – wenn Schwangere das Folsäure-Präparat allerdings zu lange nehmen, steigt das Asthma-Risiko für das Baby. Die werdende Mama liest: Vorsicht! Kriegt ein Gaumenspaltenkind, das hat aber wenigstens ein geringeres Risiko an Asthma zu erkranken.
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Was ich richtig finde? Angstfreie ehrliche Aufklärung wäre nötig. Natürlich hat etwas, das wirkt auch Nebenwirkungen, wenn wir es falsch einsetzen. Und natürlich braucht nicht jeder dauernd Vitamine. Schon darum haben Vitaminzusätze in unserem Essen nix verloren – da rein fließt übrigens das meiste Vitamin-Geld. Und man sollte ohne Angst, gut aufgeklärt die Nahrung mit dem, was man persönlich braucht ergänzen. Mit Vitamin C in Erkältungszeiten (auch wenn in der Zeitung steht, dass es angeblich nicht hilft), eine B-Vitamin-Kur, wenn man einen Energieschub braucht. Magnesium, wenn die Waden krampfen, Vitamin D im Winter … Ein gutes Basispräparat, um dann und wann mit einer Kur die Tanks wieder zu füllen.
Also ich nehme meine Vitalstoffe weiter – die tun mir nämlich gut. Ich hab zu lange den Fehler gemacht, zu glauben, dass gutes Essen reicht …. Und ich spür, wenn ich wieder ne Kur brauche. Und ich kontrolliere. Ich lasse schon mal im Blut messen, wo was fehlt. Und ich guck auch, ob ich das Fehlende mit dem auf meine Bedürfnisse abgestimmte Granulat wieder aufgefüllt hab. Das mache ich natürlich nicht dauernd. Aber Glauben ist gut, Kontrolle ist immer besser.
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Leider ist das heutzutage eine Zweiklassenmedizin. Das können sich hierzulande viel zu wenig Menschen leisten. Vor langer Zeit wurde das Mal von der Kasse bezahlt. Das Messen von Mangel im Blut und das Auffüllen mit Vitamintabletten. Als Präventionsmedizin. Und zu dieser Zeit gab es weniger Übergewichtige, weniger Herzinfarkte, weniger Diabetes, weniger Krebs. Sie sehen: Man kann ganz viel behaupten … Wer macht da jetzt mal eine Studie dazu?
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Bleiben Sie xunt,
herzlichst
Ihre
Marion Grillparzer