Mallorca, November. Wolf und ich liegen noch im Bett. Vorne: Blick auf einen Zitronenbaum, der grapefruitgroße Früchte trägt und auch noch blüht. Neben dem Bett: Timmi unser neun Jahre alter Golden Retriever. Hinten: Zerstörung. Henning Mankell liegt im bunten Mix mit Kaminholzsplittern, dem Inhalt unseres Mülleimers und den Resten
meiner Sandalen über den Terrakotta-Fliesen verstreut. Die Fließen sind zwar kein Terrakotta, wie ich bestellt hab, sie lassen sich aber, laut Antonio, der die Bauaufsicht hatte, gut putzen. Worüber ich anfangs geweint hab, aber im Moment froh bin. Wegen des Neuzugangs
aus dem Tierheim, der vor drei Tagen ankam. Der erst einmal alles vollgekotzt hat, und dann entdeckte, was es hier alles für schöne Sachen gibt, die man kaputt machen kann. Wolf und ich liegen also im Bett und überlegen, wie wir ihn nennen sollen. Im Tierheim sagte man uns, er heiße Kido. Ich muss sagen, mit diesem Namen hatte ich echt Probleme.
Immer wenn ich ihn rufen wollte, was ziemlich oft vorkam, fiel mir der Name nicht ein. Und der bunte Husky-Foxl-Mischling mit blauen Augen hatte mehr zeitlichen Freiraum, das zu tun, was er gerade tat. Und das war meistens nichts Erfreuliches. Also liegen wir im Bett und sinnieren über den richtigen Namen. Wolf sagt: „Struppi.“
„Timmi und Struppi. Nööö.“ Ich sag: „Lupo.“
Wolf sagt: „Nööö.“ Wolf sagt: „Rudi.“ Dann hör ich nur noch ein Japsen, Schlucken, Röcheln, Ächzen, Kreischen. Und versuche zu verstehen, was da aus Wolf rausgluckst: „Ruuudi, hi hi, stell dir vor, uuuuhhhh, stelllll diieeehr nur vooooooor ...“ „Was?“ „Stehhhlll, diiihihihieeeer vooohahar, seiiiiihne neeeeeuuuuen Besiiiiihiiitzer laufen in München ihihihm Wald und ruuuhuhuhrufen: Rudihihi! Uhuhunuhund alle Männer drehen sich uhuhuhum.“
Mit Wolfs Humor hatte ich schon immer so meine Schwierigkeiten, aber verlieren wollte ich ihn auch nicht. Damit er endlich wieder Luft kriegt, schlug ich vor: „Wie wärs, wenn wir ihn Wolf nennen?“ Woran er fast erstickt wäre. Dann fiel mir „Fido“ ein. Damals fand ich noch, das passt. Heißt „treu“ auf Italienisch.